Wir wehren uns gegen Totalüberwachung

Die Hamburger Initiative der „Rechtsanwälte gegen Totalüberwachung“ rief am 18. November zu einer Demonstration vor dem Deutschen Bundestag auf. Anlass war eine Sondersitzung des Bundestages zur NSA-Affäre. Als Rechtsanwältin und Liberale habe ich die Demonstration aus vollem Herzen unterstützt. Das Ausmaß der anlasslosen Datenüberwachung durch die NSA, anderer ausländischer Geheimdienste, aber auch des BND, wurde mit den Enthüllungen Snowdens im Juni dieses Jahres bekannt und verdichtet sich mit fast täglich neuen Erkenntnissen.

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Die Ausspähung von E-Mails, das Abhören von Telefonaten, die Beobachtung des Zahlungsverkehrs lässt Rückschlüsse auf ein vollständiges Personenprofil zu. Berufsgruppen, wie z.B. Rechtsanwälte, sind auf Datenschutz angewiesen und können nur so – als Berufsgeheimnisträger für den Rechtsstaat tätig sein. Pressefreiheit ist ohne Informanden- und damit Datenschutz für Journalisten nicht denkbar. Menschen könnten sich auch nicht Seelsorgern öffnen, gäbe es keinen Datenschutz. Auch die deutsche Wirtschaft ist angewiesen auf den Schutz vor Wirtschaftsspionage und den Schutz ihrer Daten.

Nicht nur bestimmte Berufsgruppen, jeden Einzelnen geht der Datenschutz etwas an. Da wir nicht sehen können, welche Daten überwacht werden und wer diese erhebt und auswertet, ist die Verletzung dieses grundrechtlich geschützten Rechtsguts für viele Menschen nicht greifbar und damit nicht präsent. Das Bundesverfassungsgericht bringt in seiner Rechtsprechung zum Ausdruck, dass gerade die heimliche Überwachung der größte grundrechtliche Verstoß ist, da derjenige, dessen Recht verletzt wird, dieses nicht weiß und sich nicht wehren kann. Gerade die Liberalen müssen deshalb jeden Tag gegen die Verletzung des Datenschutzes und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aufstehen und hierauf aufmerksam machen.

Die Sitzung des Bundestages – ohne liberale Parlamentarier – hat nicht Mut gemacht. Die im Verhältnis zu CDU und SPD kleine Opposition hat keine eigene Mehrheit, den selbstverständlich und dringend erforderlichen Untersuchungsausschuss zur NSA-Affäre einzusetzen. CDU und SPD versuchen in die Sache Ruhe hineinzubringen, indem „No-Spy-Abkommen“ mit den USA verhandelt werden. Schon jetzt ist absehbar, dass dies wahrscheinlich nichts an der Abhörrealität ändern wird. Es ist zudem im Bundestag keine Debatte darüber erkennbar, inwiefern auch der deutsche Geheimdienst die existierenden rechtlichen Grundlagen ihrer Arbeit überschreitet. Auch Schlussfolgerungen hieraus, nämlich die bessere Kontrolle der Geheimdienste – sowohl der inländischen als auch ausländischen –  sind bisher nicht erkennbar, müssen jedoch dringend behandelt und umgesetzt werden.

Eine anlasslose Überwachung von Daten kann ich nicht akzeptieren. Ich hoffe dass die NSA-Affäre auch dazu beiträgt, das Bewusstsein Vieler über den Schutz ihrer Daten zu schärfen. Jetzt besteht die Chance, dass Unternehmen für Produkte (z.B. E-Mail-Service, Telekommunikationsanbieter) mit einem sicheren Datenschutz werben. Die FDP hat in der vergangenen Legislaturperiode die Stiftung Datenschutz gegründet. Jetzt zeigt sich umso mehr, dass eine Bewertung von Produkten und Firmen im Hinblick auf ihren Umgang mit Daten erforderlich ist und zu einem Entscheidungskriterium der Verbraucher bei der Wahl von Produkten, aber auch der Unternehmer im Hinblick auf ihre Geschäftspartner sein kann. So kann jeder Einzelne in seinem Alltag einen Beitrag zu mehr Datenschutz leisten.

Maren Jasper-Winter

Dr. Maren Jasper-Winter, Jahrgang 1977, ist Rechtsanwältin und arbeitet in der Rechtsabteilung eines Unternehmens. In ihrer Freizeit engagiert sie sich ehrenamtlich bei der FDP Berlin als Vorsitzende in Berlin-Mitte und stellvertretende Landesvorsitzende. Sie stammt aus Münster (Westf.) und lebt seit 1998 in Berlin (Mitte). Sie ist verheiratet.